Selbst in Zeiten von Freude und Erfolg ist Feininger von Schatten verfolgt. 1937 flieht er aus dem nationalsozialistischen Deutschland in die USA. Plötzlich hat der Schatten eine neue Form und einen Namen: Exil.
Der US-Amerikaner Feininger ist in Deutschland als Künstler äußerst erfolgreich. Als das nationalsozialistische Regime an die Macht kommt, wird er jedoch wie viele Künstler*innen der Moderne als „entarteter“ Künstler eingestuft und seine Frau Julia Feininger als Jüdin verfolgt. Ohne Arbeitsmöglichkeit und in Angst um ihr Leben gehen die Feiningers 1937 ins Exil und fliehen nach New York City.
„Menschen mit Sehnsucht verstehen mich.“
LYONEL
FEININGER–1917
„Menschen mit Sehnsucht verstehen mich.“
LYONEL
FEININGER–1917
Feiningers Rückkehr nach New York gestaltet sich als weit entfernt von einem erträumten Nach-Hause-Kommen. Er ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als das NS-Regime ihn diffamiert. Nach 50 Jahren in Europa erscheint ihm das New York, das er nun erlebt, als fremder Ort. Ihm fehlt die Unterstützung seines über Jahrzehnte aufgebauten Netzwerks. Auch finanziell haben Julia Feininger und er am Anfang des Exils zu kämpfen. Sein Heimweh nach Deutschland findet in seinen Arbeiten Ausdruck, indem er etliche Motive der Vergangenheit wiederholt – etwa die Kirche von Gelmeroda. Obwohl sein neues Leben in New York teilweise sehr belastend für ihn ist, findet er Inspiration in der Skyline von Manhattan, die er mehrfach bildlich verarbeitet. Schließlich präsentiert das MoMA 1944 eine Retrospektive seiner Arbeiten und ihm gelingt auch in New York der Erfolg als Künstler.
_ Julia Feininger
Julia Feininger ist die einzige wahre Konstante in Lyonels Leben. 1905 lernt er die Künstlerin Julia Berg (geb. Lilienfeld) in Berlin kennen. Beide sind sie zu diesem Zeitpunkt verheiratet; beide lassen sich von ihren Ehepartnern scheiden und Julia bringt kurz darauf ihren ersten gemeinsamen Sohn Andreas zur Welt. 1908 heiratet das Paar und bekommt zwei weitere Söhne – 1909 Laurence und 1910 T. Lux. Obwohl Julia eine talentierte Künstlerin ist – und ebendies Feininger ursprünglich anzieht –, gibt sie ihre Karriere auf, um sich um die Kinder zu kümmern und ihren Mann zu unterstützen. Diese Entscheidung kann heutzutage kritisch betrachtet werden, doch führen sie und Lyonel eine Beziehung auf Augenhöhe. Ihre Unterstützung bietet Feininger wichtigen Rückhalt, was man in ihrem ständigen Briefverkehr lesen kann. Er empfindet Liebe und Respekt für Julia, die seine ganze Karriere stark beeinflusst und den Künstler dazu motiviert, die Malerei für sich zu entdecken.
_ Julia Feininger
Julia Feininger ist die einzige wahre Konstante in Lyonels Leben. 1905 lernt er die Künstlerin Julia Berg (geb. Lilienfeld) in Berlin kennen. Beide sind sie zu diesem Zeitpunkt verheiratet; beide lassen sich von ihren Ehepartnern scheiden und Julia bringt kurz darauf ihren ersten gemeinsamen Sohn Andreas zur Welt. 1908 heiratet das Paar und bekommt zwei weitere Söhne – 1909 Laurence und 1910 T. Lux. Obwohl Julia eine talentierte Künstlerin ist – und ebendies Feininger ursprünglich anzieht –, gibt sie ihre Karriere auf, um sich um die Kinder zu kümmern und ihren Mann zu unterstützen. Diese Entscheidung kann heutzutage kritisch betrachtet werden, doch führen sie und Lyonel eine Beziehung auf Augenhöhe. Ihre Unterstützung bietet Feininger wichtigen Rückhalt, was man in ihrem ständigen Briefverkehr lesen kann. Er empfindet Liebe und Respekt für Julia, die seine ganze Karriere stark beeinflusst und den Künstler dazu motiviert, die Malerei für sich zu entdecken.
Hohe Bäume flankieren die Seiten einer durch den Waldweg geschaffenen Schneise. Der Himmel ist klar und weist die Form einer zerklüfteten Scherbe auf. Eine winzige Figur im Vordergrund wird von der umgebenden Dunkelheit eingehüllt. „Weg im Tannenwald“ vermittelt ein Gefühl der Einsamkeit. Zur Entstehungszeit des Holzschnitts ist der Erste Weltkrieg gerade zu Ende. Während des Kriegs ist Feininger verpflichtet gewesen, sich als „Angehöriger eines Feindeslandes“ wöchentlich bei der Polizei zu melden. „Weg im Tannenwald“ spiegelt womöglich Feiningers eigene Isolation und Entfremdung während dieser Zeit wider.
„Manhattan I“ gehört zu seiner Serie dystopischer Darstellungen von New York. Die Gebäude an beiden Seiten der Straßenschlucht wirken wackelig und baufällig. Das Gelb ist nicht sonnig, sondern erscheint giftig. Das Braun sieht eher unheilvoll, statt warm und erdig aus. Der blaue Himmel ist zwar zu erkennen, wird jedoch größtenteils von einer länglichen Wolke verdeckt. Vielleicht sind es die Abgase und der Smog des unablässigen New Yorker Verkehrs, die den Himmel trüben?
Das New Yorker Exil stellt Feininger nicht nur menschlich, sondern auch künstlerisch vor neue Herausforderungen. Diese überwältigende Stadt zu malen, erscheint ihm kompliziert und anknüpfend an frühere Fotografien greift er jetzt zu deren moderner Weiterentwicklung: zu farbigen Dias. Wie bereits in vielen älteren Gemälden, Fotos und Holzschnitten komponiert Feininger Durchblicke zwischen hoch aufragenden Gebäuden und erzielt nun mit Büro- oder Wohnhochhäusern einen ähnlichen Effekt wie einst mit europäischen Kirchen. In Untersicht wirkt die Architektur riesig und erhaben. Es geht nicht um die Abbildung von Details, sondern um Strukturen und Gesamtwirkung.
Hohe Bäume flankieren die Seiten einer durch den Waldweg geschaffenen Schneise. Der Himmel ist klar und weist die Form einer zerklüfteten Scherbe auf. Eine winzige Figur im Vordergrund wird von der umgebenden Dunkelheit eingehüllt. „Weg im Tannenwald“ vermittelt ein Gefühl der Einsamkeit. Zur Entstehungszeit des Holzschnitts ist der Erste Weltkrieg gerade zu Ende. Während des Kriegs ist Feininger verpflichtet gewesen, sich als „Angehöriger eines Feindeslandes“ wöchentlich bei der Polizei zu melden. „Weg im Tannenwald“ spiegelt womöglich Feiningers eigene Isolation und Entfremdung während dieser Zeit wider.
„Manhattan I“ gehört zu seiner Serie dystopischer Darstellungen von New York. Die Gebäude an beiden Seiten der Straßenschlucht wirken wackelig und baufällig. Das Gelb ist nicht sonnig, sondern erscheint giftig. Das Braun sieht eher unheilvoll, statt warm und erdig aus. Der blaue Himmel ist zwar zu erkennen, wird jedoch größtenteils von einer länglichen Wolke verdeckt. Vielleicht sind es die Abgase und der Smog des unablässigen New Yorker Verkehrs, die den Himmel trüben?
Das New Yorker Exil stellt Feininger nicht nur menschlich, sondern auch künstlerisch vor neue Herausforderungen. Diese überwältigende Stadt zu malen, erscheint ihm kompliziert und anknüpfend an frühere Fotografien greift er jetzt zu deren moderner Weiterentwicklung: zu farbigen Dias. Wie bereits in vielen älteren Gemälden, Fotos und Holzschnitten komponiert Feininger Durchblicke zwischen hoch aufragenden Gebäuden und erzielt nun mit Büro- oder Wohnhochhäusern einen ähnlichen Effekt wie einst mit europäischen Kirchen. In Untersicht wirkt die Architektur riesig und erhaben. Es geht nicht um die Abbildung von Details, sondern um Strukturen und Gesamtwirkung.
„Die entschwindende Stunde“
– schon der Titel des Gemäldes verrät etwas zu Feiningers Denkweise. Zwischen Tag und Nacht liegt die Dämmerung, ein Schwellenzeitraum.
In diesem Werk sieht der Himmel so aus, als ob er in rötlichen Flammen aufgeht. Er kontrastiert mit den Gebäuden in kühlen graublauen Tönen. Die schwarzen Fenster des gestaltlosen Komplexes wirken leer und unbewohnt. Es scheint, als habe Feininger in diesem Bild seine Erinnerungen an Europa verarbeitet. Bei vielen Werken sind die jeweiligen Orte im Titel angegeben, für andere wiederum wählt er eher assoziative Titel wie bei „Die entschwindende Stunde“. Ist das New York? Berlin? Dessau? Das ist nirgendwo. Das ist Exil.
_ „Entartete“ Kunst
1933 beginnt das NS-Regime seine Kampagne gegen sogenannte „entartete“ Kunst. Deren Definition ist bewusst vage gehalten, kann jedoch mehr oder minder willkürlich jedem Werk zugeschrieben werden, das nicht den Ideologien und der Ästhetik des Nationalsozialismus entspricht. Moderne Kunst gilt als Bedrohung des Regimes. Künstler*innen der Moderne, besonders jene jüdischer Herkunft, verfolgt das System fortan und entfernt ihre Arbeiten aus den Museen. Werke einiger der größten Künstler*innen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts verkauft und versteigert man. Über 400 von Feiningers Werken werden aus Sammlungen und Museen in Deutschland unter Zwang entfernt. 1937 findet im Archäologischen Institut in den Münchner Hofgartenarkaden die erste Station der diffamierenden Wanderausstellung „Entartete Kunst“ statt. In diesem Foto ist Feiningers irrtümlich als „Teltow“ verzeichnetes Ölbild „Hopfgarten“ zu sehen. Etliche Gemälde Feiningers sind im Rahmen der Femeschau gezeigt worden, etwa „Gelmeroda III“.